Am nächsten Tag stand Rei am Fenster seines Schulsprecherbüros, beobachtete von dort aus das Training Shinjis. Man sah dem gesamten Team an, dass nur mäßig gespielt wurde und sicher war es nur eine Frage der Zeit, bis der Trainer es aufgab und sie alle nach Hause schickte. Doch bis dahin blieb Rei noch hier stehen.
Es klopfte an der Tür und kurz darauf trat Kazuo ein. Rei blickte zu ihm. Der Blonde schien müde auszusehen. Ob es an der Situation lag, in welcher er sich befand? Langsam wandte sich Rei vom Fenster ab, schritt stattdessen zum Schreibtisch und lehnte sich dagegen.
Kazuo: Ok, ich hab heute noch was anstehen, also mach es bitte kurz. Worüber wolltest du reden?
Rei: Du hast noch was anstehen?
Kazuo: Ja, hab ich doch grad gesagt.
Rei: Mit Chloe-kun oder mit Fukano?
Kazuo: *stutzt* Was?
Rei: Ich weiß, dass Fukano noch lebt. Und ich weiß auch, dass du mit ihm zweigleisig fährst.
Kazuo: *einen Moment nicht reagiert* Woher? *misstrauisch fragt*
Rei: Ich hab ein Gespräch von Mizuki-san und Fukano mitbekommen, in welchem er gesagt hat, dass du eine Affäre mit ihm gestartet hast.
Kazuo: *schnaubt* So was wie Respekt vor der Privatsphäre Anderer kennst du wohl nicht, was?
Rei: Nicht, wenn es dabei um Fukano geht
Kazuo: Tse! Das macht es noch lange nicht zu deiner Angelegenheit!
Rei: Es macht es zu meiner Angelegenheit, weil du Shinjis bester Freund bist
Kazuo: Und trotzdem kann es dir gestohlen bleiben, was ich mit wem mache!
Rei: Nicht bei Fukano. Kanbara, er ist jemand, von dem du dich fernhalten solltest
Kazuo: Du hast doch keine Ahnung!
Rei: Der, der keine Ahnung hat, bist du! Du hast ihn gestern nicht gehört, Kanbara. Jetzt mag es vielleicht noch eine Affäre sein, aber wenn du dich weiter auch noch an Chloe-kun hältst, wird Fukano alles dran setzen, Chloe-kun aus dem Weg zu räumen. Er ist ein verdammter Psychopath, Kanbara, und je länger du dich auf ihn einlässt, desto größer ist die Gefahr für dein Umfeld und für dich.
Kazuo: Das ist doch lächerlich! Masashi ist Chloe vollkommen egal. Und ein Psychopath ist er auch nicht. Er hat seine Gründe.
Rei: Und du kennst sie?
Kazuo: Ja.
Rei: Würdest du sie mir sagen?
Kazuo: Nein. Das hab ich Masashi versprochen
Rei: Ja, weil sie nen Scheiß wert sind. Der Kerl hat dir doch Honig ums Maul geschmiert!
Kazuo: Das stimmt nicht! *die Fäuste ballt* Du bist doch nur jemand, der einem kein Glück gönnt!
Rei: W-Was?
Kazuo: Ich hab schon Shinji aufgegeben für dich. Aber das reicht dir ja scheinbar nicht, wenn du mir auch noch versuchst, jeden Anderen auszureden...
Rei: Ich... Ich red dir nicht jeden Anderen aus. Ich versuche, dir weiszumachen, dass du dich von Fukano fernhalten sollst. Du hast immer noch Chloe-kun. Mit ihm bist du besser dran.
Kazuo: Und wenn es Masashi ist, den ich mehr will? Mit welcher Begründung arbeitest du hier überhaupt?
Rei: Seine eigene Schwester warnt uns pausenlos vor ihm. Was könnte mehr sagen, dass wir uns alle von ihm fernhalten sollten, als das?
Kazuo: *lacht kalt* Das ist alles? Das ist erbärmlich, Kojima! Ich werd mich mit Sicherheit nicht von Masashi fernhalten. Das kannst du vergessen!
Und damit wandte sich Kazuo einfach wieder ab und stürmte aus dem Raum hinaus. Rei wollte ihn noch aufhalten, doch da fiel die Tür schon wieder zu. Einen Moment lang starrte er noch auf das Holz, dann aber gab er einen leisen Wutschrei von sich, schlug mit Wucht auf den Tisch. Sein Blick fiel wieder zum Fenster. Kurz runzelte er die Stirn, dann holte er aber auch schon sein Handy heraus.
Rei: *wählt eine Nummer an* *wartet, bis abgenommen wird* Ich glaube, da gibt es etwas, was du gern hören willst...
Kazuo war einfach nur gerannt und gerannt. Er hatte das Schulsprecherbüro verlassen und war unmittelbar danach auf direktem Weg nach Hause gerannt. Kein Mal hatte er gestoppt. Selbst als er zuhause ankam, lief er schnurstracks in sein Zimmer, nur um sich dort auf das Bett zu werfen und zusammen zu rollen. Hyo-chan hatte murrend gefaucht, hatte sie doch dabei vom Kopfkissen weichen müssen. Schnell aber merkte das Tier, dass mit seinem Herrchen etwas nicht in Ordnung war, also tapste sie langsam und neugierig zu diesem, stupste ihm kurz an die Hand. Tatsächlich schaute Kazuo damit kurz zu seinem Haustier, lächelte matt und begann, durch das Fell zu streichen.
Kazuo: Hach, Hyo-chan... Sei froh, nur eine Katze zu sein. Das Leben ist soo viel einfacher für dich... *dreht sich auf den Rücken* *schluckt*
Seine Gedanken schweiften zurück zu dem Gespräch, welches er eben mit Rei gehabt hatte. Etwas in ihm sagte ihm, dass der Rothaarige Recht hatte. Dass er Masashi abweisen und sich an Chloe halten sollte. Und doch war da auch eine andere Stimme in ihm, die ihm leise zuflüsterte, dass Masashi es ernst meinte. Dass Masashi die richtige Wahl war...
Kazuo schnappte sich sein Kissen, vergrub das Gesicht darin. Er fühlte sich aufgeschmissen und hilflos. Noch nie hatte er so sehr zwischen zwei Seiten geschwankt. Was war denn noch richtig und was falsch? Er wusste es einfach nicht.
Derweil hatte der Trainer des Baseball-Clubs wirklich das Training aufgegeben und das Team nach Hause geschickt. Und damit waren nun auch Shinji und Rei auf dem Heimweg gewesen. Beide hatten geschwiegen. Das Training hatte die Erinnerungen an das Turnier wieder hochgeholt und nun musste er daran denken, wie desaströs der Tag gewesen war. Und Rei war damit beschäftigt, in seinen Gedanken Kazuo für dessen Starrsinn zu verfluchen.
Sie kamen bei Shinji an, betraten das Restaurant und wurden prompt von Aden begrüßt, der an der Theke saß und eine Sushi-Platte vor sich hatte.
Shinji: Aden-kun, was machst du denn hier?
Aden: Warten.
Shinji: Auf was denn?
Aden: Kojima-kun. Wir sollen Trainieren zusammen.
Rei: Trainieren? Laut Chloes Einschätzung bist du schwächer als er. Sicher, dass du mich trainieren sollst?
Aden: *verlegen nickt* Befehl von Boss.
Rei: *schnaubt* Das Weib macht auch nur, was sie will, was?
Shinji: Aber sie scheint beim Stadion ziemlich gut reagiert zu haben
Rei: Das stimmt...
Aden: *hastig sein Sushi aufisst* Training?
Rei: *seufzt* Okay, meinetwegen... Hab ja sonst nichts zu tun.
Shinji verschwand nach oben in sein Zimmer, um Hausaufgaben zu machen, während Rei und Aden ins Dojo gingen. Rei hatte kurz gefragt, worauf sich das Training konzentrieren sollte. Aden scheiterte daran, sich vernünftig auszudrücken und Rei verdrehte die Augen. Wie hatte das Training mit Haruto bitte funktionieren können, wenn die beiden kaum miteinander sprechen konnten? Rei jedenfalls zog es vor, einfach ins Englische zu wechseln und Aden war darüber mehr als erfreut. Er erklärte, dass er einfaches Kampftraining machen wollte, bei der sowohl die Ausdauer als auch die Stärkevariation überprüft werden sollten. Rei nahm es nickend hin. Dann zogen Beide die Waffen, aktivierten ihre Flammen und gingen aufeinander los.
Rei nahm sich nicht zurück beim Training. Er gab alles, was er konnte, zögerte nicht, mit Kraft zuzuschlagen. Aden fand immer wieder den Weg auf die Beine, schaffte sogar das ein oder andere Mal, Rei mit dem Bumerang zu Boden zu kriegen und dann auf einfache Kampfsporttechniken zurückzugreifen. Schließlich beschlossen beide, außer Atem, das Training zu beenden.
Aden: Ich denke, es wird schwer, dir Neues beizubringen. Dafür sollte wirklich Chloe herhalten
Rei: Aber du wirst trotzdem weiter mit mir trainieren?
Aden: So will es Zaira. Ich soll vorerst meine Zeit mit dir verbringen.
Rei: Lass mich raten, damit ich von dir als Wächter überzeugt werde?
Aden: *Verlegen lacht* Stimmt genau
Rei: *Schnaubt* Wenn die Frau die Leute manipulieren will, muss sie noch an der Methode feilen
Aden: Weil es klüger gewesen wäre, dich erst mit einem Anfänger trainieren zu lassen und dann zum Profi zu wechseln und nicht umgekehrt?
Rei: Ja. *mustert Aden* Du scheinst ja gar nicht mal so dumm zu sein
Aden: *lacht* Ich schätze, ich wirke nur so... 'dumm', weil ich so schlecht in Japanisch bin. Ich verbring mehr Zeit damit, zu kapieren, worüber ihr redet und wie ich antworten kann, als damit, zu zeigen, dass ich mein Hirn eigentlich gut benutzen kann
Rei: Ich merk's. Und kämpfen kannst du auch ziemlich gut.
Aden: Danke *lächelt* Den Ring krieg ich trotzdem nicht, oder?
Rei: Nein.
Aden: Dacht ich mir
Rei: Mit nur einem Nachmittag erreichst du bei mir nichts. Vielleicht erkenn ich deine Fähigkeiten an, aber um den Ring zu kriegen, braucht es mehr als das.
Aden: Was fehlt denn noch?
Rei: *grinst schief* Etwas, was euch allen zu fehlen scheint. Vertrauen
Aden: Oh... *streicht sein Haar hinters Ohr* Ja, das fehlt wohl wirklich...
Rei: Du verleugnest es nicht einmal?
Aden: *schüttelt den Kopf* Ich hab der „Red Streak“ meine Treue geschworen, aber es gibt Dinge, die ich nicht gutheiße. Damian war immer nur auf Cyrus' Seite. Was garantiert uns, dass er nicht doch noch Seiten wechselt? Und Zaira... Sonntag hat es nur noch einmal bestätigt, dass sie hinter „Nightmare“ wegen was Persönlichem her ist. Wegen diesem Wyatt. Aber sie schweigt sich darüber aus. Und dann versucht sie, euch manche Dinge zu verheimlichen. Und Chloe und Robin... Die beiden sind Brüder und trotzdem meiden sie sich fast nur. Ich weiß, dass unser ganzes Team, wenn nicht sogar die ganze Organisation mit dem Begriff Vertrauen nichts anfangen kann. *seufzt* Ich bewunder euch Ringträger dafür, dass ihr einander so vertraut...
Rei: *senkt den Blick* *denkt an Kazuo* Nicht alle... Und auch nur mäßig... Aber es reicht, um sich im Kampf aufeinander verlassen zu können. *schaut wieder zu Aden* Beweis mir, dass man sich auf dich auch jederzeit verlassen kann und ich werd es mir überlegen.
Aden: *nickt* Geht klar
Rei: Ich bin für heute fertig. Einen schönen Abend noch, Aden-kun *geht Richtung Tür*
Aden: Ist gut. Dir auch noch einen schönen Abend, Kojima-kun... *schaut ihm kurz nach* *verlässt dann aber auch das Dojo*
Toshiro ging langsam durch die Flure. Seit dem Stadion hatte er das Gefühl, dass eine unangenehme Stille über ihnen lag. Cyrus hatte sich in seinem Zimmer eingesperrt, Akira und Daisuke waren ständig unterwegs und Wyatt hatte sich im Trainingsraum eingeschlossen und trainierte beinahe schon manisch. Selbst Ryo schien seit dem Anschlag stiller geworden zu sein, schenkte Toshiro nicht mehr viel Beachtung. Der Junge seufzte, betrat den großen Raum, welcher mit der gewaltigen Fensterfront ausgestattet war. Für Toshiro war es eine Mischung aus Konferenzraum und Wohnzimmer, denn am einen Ende befand sich ein langer Tisch mit Stühlen, während der Rest mit Sofas und Sesseln ausgestattet war. Wenn man Ryo suchte, fand man ihn eigentlich immer in diesem Zimmer. So auch jetzt.
Ryo saß da, auf dem Sofa. Vor ihm auf dem Tisch lagen diverse Notizblätter und auch jetzt hatte er einen Block in der Hand und schrieb nachdenklich Dinge nieder. Toshiro kam langsam auf ihn zu.
Toshiro: Was machst du da?
Ryo: Ich arbeite auf das Finale hin
Toshiro: *schluckt* Jetzt schon?
Ryo: *blickt auf* *legt den Block beiseite* Wir haben viel zu lang getrödelt, Toshiro... Uns wird die Zeit knapp
Toshiro: Wie knapp?
Ryo: Wir werden heute Nacht nicht mehr im selben Bett schlafen
Toshiro: *senkt den Blick* Also so knapp...
Ryo: Es tut mir Leid, Toshiro... Ich hatte gedacht, es würde mehr Zeit bleiben
Toshiro: *setzt sich neben Ryo* *lehnt sich an ihn* Ist denn alles soweit vorbereitet?
Ryo: Ja... Wir haben alles. Das Spielfeld steht. Wir müssen nur noch die Figuren aufstellen.
Toshiro: *schließt die Augen* Der Plan wird auch funktionieren, oder?
Ryo: *schweigt einen Moment* Ich hoffe, dass er das wird... Aber wie wir Sonntag schon gesehen haben... Unser Feind ist nur schwer berechenbar. Also musst du gut auf dich aufpassen, ja? Ich werde nicht da sein können, um dich zu beschützen, falls etwas schief geht
Toshiro: *nickt* *umarmt Ryo* Natürlich... Aber ich vertrau dir, Ryo. Ich werd alles tun, was in meiner Macht steht, damit der Plan aufgeht.
Ryo: *Toshiro fest an sich drückt* Toshiro... Ich liebe dich...
Toshiro: *schluckt* Ich dich auch...
Ryo: *blicktihn an* Dann sieh zu, dass du auch wieder zu mir zurückkommst, ja?
Toshiro: *nickt* Natürlich...
Ryo: *lächelt leicht* *zieht ihn in einen langen, leidenschaftlichen Kuss*
Toshiro: *diesen erwidert* *sich dann aber von ihm löst* *zur Tür geht* *dabei aber noch einmal zu Ryo blickt* Ich wünsche dir viel Glück, Ryo-san...
Ryo: Das wünsch ich dir auch...
